Hubert Kaltenmark bearbeitet seine Materialien in letzter Konsequenz nicht, um sie zu gestalten, sondern weil er sie ergründen möchte. Der Bildhauer, der dieser Berufsbezeichnung im Grunde entwachsen ist, beschäftigt sich mit den einfachen Dingen, auf die sich schwerer eine Antwort findet als auf die Probleme der Spezialisten mit ihren scharfen Begriffen von begrenzter Reichweite.
Die Schwierigkeit von Hubert Kaltenmarks Kunst besteht in ihrer formalen und thematischen Einfachheit. Sie rührt an Grundprobleme der Erkenntnis, auf die es keine definitiven Antworten gibt. Inhalt und Oberfläche, Sichtbarkeit und Unsichtbares, Anfang und Ende sind Schlüsselbegriffe seiner Arbeit. Wäre Kaltenmark nicht Künstler, sondern Philosoph, wäre die Phänomenologie ebenso wie die Metaphysik sein Feld und das Wissen um seine Begrenztheit sein Verdienst.
Diesem Künstler geht es nicht darum, Fragen aus dem Weg zu räumen. Wichtiger ist ihm, sein Material so zu gestalten, dass es zum Anlass fortgesetzten Denkens wird – eines Denkens, das die Vorläufigkeit der eigenen Schlussfolgerungen erkennt. Hubert Kaltenmarks Kunst fordert die eingehende Betrachtung heraus. Aber auch diese kommt ihr nicht auf den tiefen Grund. So widerstehen Kaltenmarks Arbeiten der intellektuellen Abnutzung. Sie bleiben unauslotbar und provozieren den neugierigen Blick immer wieder aufs Neue.
Harald Ruppert